Warum das Genderthema gerade jetzt wichtig ist.

Menschen, die sich mit Frauenförderung, Gleichberech­tigung und Gleichbehandlung auseinander- und vor allem sich für diese Themen einsetzen, bekommen derzeit oft Antworten zu hören, wie:

  • „Habt ihr nichts Besseres zu tun?“,
  • „Gibt es in Zeiten wie diesen nicht wichtigere Themen?“,
  • „Schauen wir doch einmal, dass wir der Arbeitslosigkeit Herr (!) werden“,
  • „Schauen wir doch einmal, dass wir Frauen vor Übergriffen schützen“, etc.

Zuerst einmal so viel: Jede Form von (sexualisierter) Gewalt und Übergriffen gegen Frauen gehört geahndet und ist zu verurteilen. Interessant ist nur, dass sich vermehrt Menschen und politische Organisationen dieses Themas annehmen, die sonst nicht für ihre frauen­fördernde Politik bekannt sind.

Gerade deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass mit solchen Argumenten frauenspezifische Themen und Problematiken, wie ungleiche Bezahlung, ungleicher Zugang zum Arbeitsmarkt, Frauen­armut, gendersensible Sprache etc. ins gesellschaftspolitische „Gutmensch-Abstellkammerl“ gedrängt werden und der Frauentag am 8. März zu einem zweiten Muttertag wird.

Frauenförderung ist im politischen Geschehen oft nur ein Rand- oder Zweitthema. So ist das zuständige Ministerium jenes für Gesundheit und Frauen, zuvor war es Bildung und Frauen, was bedeutet dass das Frauenthema bei Ministerien angesiedelt war und ist, die für Groß­ressorts zuständig sind.

In einigen Länder-Arbeiterkammern, wie zum Beispiel in Wien, ist der zuständige Ausschuss jener für Frauen- und Familienpolitik, dies seit langem ein Kritikpunkt der AUGE/UG, da hiermit suggeriert wird, dass Familienpolitik eine Frauenangelegenheit ist. Das Thema Frauenförderung ist aber ohne Frage eines, das in ein eigenes Ministerium und auch in einen eigenen Ausschuss gehört, schließlich betrifft es über fünfzig Prozent der Bevölkerung.

Die Frauenförderung wurde von jenen, die sie an den Rand der Wahrnehmung drängen wollen, immer schon damit wegargumentiert, dass doch gerade andere Themenbereiche für uns alle, also auch für Frauen, viel wichtiger wären und es gälte, sich zuerst um diese zu kümmern. Die Geschichte zeigt uns außerdem, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vermehrt erklärt wird, man müsse sich erst einmal um die wirtschaftliche Lage, um den Arbeitsmarkt etc. kümmern, bevor man Themen wie Frauen­förderung angehen könne.

Das heißt doch nur, dass es für Menschen, die derart argumentieren, vorrangig ist, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt für Männer zu kräftigen und zu stützen, frei nach dem Motto: Mann ist gleich Ernährer und braucht daher dringender einen Job; Frau kommt erst dann an die Reihe, wenn Mann arbeitstechnisch versorgt ist. So mussten Frauen auch nach den beiden Weltkriegen den Arbeitsplatz und den Arbeitsmarkt wieder räumen, um den Männern Platz zu machen.

Um diesen Argumenten und ArgumentiererInnen ent­gegen zu wirken, ist es – gerade jetzt – wichtig, dass wir uns für Frauen- und Genderthemen stark machen, sie immer wieder einbringen und vertreten und damit zeigen, dass wir diese Problematiken nicht erst dann als wichtig erachten, wenn es „sonst nichts mehr zu tun gibt“. Sondern dass für uns die Themen Gleichberechtigung und -behandlung stets eine hohe Priorität haben und wir sie mit­beachten – in all unseren politischen und auch persön­lichen Entscheidungen.

Gleichstellung und Gleichbehandlung sind Zeichen von Respekt und Fairness gegenüber Frauen und kennen keine Grenzen, sei es im alltäglichen Umgang miteinander, sei es in der Arbeitswelt, sei es in politischen Entscheidungen.

Und außerdem: Wer Respekt und Fairness walten lässt, tut dies im Normalfall allen Menschen gegenüber, weshalb mein Motto schon immer gelautet hat: Alles, was wir frauenpolitisch fordern, fordern wir eigentlich für alle Menschen, die klassischerweise kein weißer, hetero­sexueller 40-jähriger Mann sind.

Geschrieben von Ulli Eigenbauer-Stein.

Quelle: Die Alternative

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