Arbeiten bei der Gemeinde Wien, wo die Mehrheit der Personalvertreter*innen derselben Partei angehören, wie viele Dienstgebervertreter*innen und Politiker*innen. Wie gut und durchschlagkräftig kann da die Interessenvertretung schon sein? Und wie streitbar kann eine Gewerkschaft der Gemeindebediensteten sein, die mehrheitlich von der Vorfeldorganisation derselben Partei geführt wird, die auch die Gemeinde Wien seit Jahrzehnten regiert?

Politische Vielfalt und Demokratie sind bekanntlich für Mehrheiten so lange gut, wie es den eigenen Sachen dient. Kaum werden Schwachstellen im System erkannt oder Gleichbehandlung verlangt, steppt der Bär. Veraltete Vorstellung von Machtausübung der Mehrheit in Demokratien begünstigen Entsolidarisierung und eine Tendenz auf vermeintlich schnelle und einfache Lösungen reinzufallen. Genau diesen Rechtsruck erleben wir auch in unserer Gewerkschaft.

Das gelebte Ich-Prinzip vieler Funktionär*innen und die unreflektierte Übernahme parteipolitischen Konzepte verhindern die unabhängige sozialpartnerschaftliche Arbeit.

Besonders prickelnd ist, wenn es überfraktionelle Projekte und sinnstiftende Zusammenarbeit gibt, und dann Vertreter*innen der Mehrheitsfraktion Gefahr laufen, ausgegrenzt zu werden. Und ja, es gibt wirkliche Demokrat*innen in der Mehrheitsfraktion, doch leider viel zu wenige gegenüber den politisch purpurroten Kleinkarriertdenker*innen.

Das sind die Situationen, wo Mitglieder austreten, wenn sie von solchen Aktionen Wind bekommen und meinen, dass „man bei den Roten nicht Gewerkschafter*in wird, weil man etwas verändern will, sondern weil man den Machterhalt sichern und es sich bequem machen will“.

Echt jetzt? Das kann‘s aber nicht sein – oder?

Problem Besoldung

Die Neue Besoldung ist nicht zu Ende gedacht. Die Leute bekommen die Vordienstzeiten mehr schlecht als recht angerechnet. Die höheren Einstiegsgehälter, welche als Errungenschaft der besseren Bezahlung gefeiert werden, schließen die Zweijahressprünge aus. Durch die schlechte Wirtschaftslage und die Inflation ist das mit den hohen Einstiegsgehältern auch nicht mehr richtig.

Das alte Besoldungssystem lässt viele Personalgruppen an der ausgestreckten Hand verhungern. Es werden absolut keine Verbesserungen angedacht. Kindergartenassistentinnen müssen noch immer darum betteln, dass ihre geleisteten Kinderdienststunden bezahlt werden. Auch eine adäquate Bezahlung ist nicht in Sicht.

Personalmangel

Durch die abgeflachte Gehaltskurve im neuen Besoldungssystem gehen vor allem die jüngeren Leute noch schneller von der Stadt weg. In vielen Fachbereichen wird einfach unzureichend und sicher nicht auf der Ebene der Privatwirtschaft bezahlt.

Zu wenige, und wenn zu kurz, wollen für diesen Lohn und zu den vorherrschenden Rahmenbedingungen bei uns arbeiten. In vielen Fachberufen geht das Personal aus. Es wird auf Teufel komm raus nachgeschult und ausgebildet, nur die Bezahlung passt nicht und die Qualität von schnellen Lösungen ist auch nicht wirklich überzeugend. Der Personalmangel durch die Pensionierungen der Boomer Generation wurde ebenfalls verschlafen. Wo war da der Druck der Gewerkschaft? Wo war der Druck der Gewerkschaft beim Thema Altersteilzeit? Einfach abwarten und Tee trinken bringt es nicht.  Einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit bei der Stadt zu verhandeln, kann und will die Gewerkschaft inhaltlich nicht nähertreten.

Arbeitszeit

Nach wie vor gilt Homeoffice als großzügige Zuwendung und Geschenk der Dienstgeberin/der Dienstgebervertreter*innen an die Mitarbeiter*innen. Auch das Arbeitsmodell 40 Stunden in 4 Tagen gleicht einem Gesellschaftsspiel mit tausend und einer Regel. Kontrolle vor Vertrauen ist kein Flexibilisierungsantreiber und keine Werbung auf der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen.

Heiße Themen wie Rechtsanspruch auf zeitliche Lagerung bei Elternteilzeit oder Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnausgleich werden erst gar nicht angegangen.

Sozialleistungen

Die Einführung des Jobtickets und die Erhöhung der Essensmarken gelten als großer Erfolg– bei privaten Unternehmen sind das mittlerweile ganz normale Sozialleistungen. Besonders stößt den Mitarbeiter*innen auf, dass das Jobticket bereits im Sommer 2023 angekündigt wurde und bis jetzt in Bearbeitung ist (Stand Feber 2024). Auch die Essensmarken hinken nach, weil man sie nicht individuell verbrauchen darf. Nein, es gibt genaue kontrollorientierte Vorgaben, und wenn du diese nicht erfüllst, können dienstrechtliche Konsequenzen schneller da sein als gewünscht.

Die Forderung, dass die Frühkarenz (Papamonat) auf drei Monate ausgedehnt wird und sozialpartnerschaftlich finanziell unterstützt wird – davon sind wir noch meilenweit weg.

Frei nach dem Motto: Arbeite „intensiv“ mit der Dienstgeberin und verschone deine Mitglieder. Für manche gleicht Vertretungspolitik eher einem Selbstoptimierungsprogramm als ein Kampf für die Interessen der Deinstnehmer*innen. Hauptsache die Funktionsgebühren stimmen. Was kümmern schon die Anliegen der Einzelnen? Das machen wir mit der großen Lösung, die dann doch nie kommen mag.

Und wenn du schön brav bist, lass ich dich auch in der Demokratiesandkiste mitspielen: Da hast ein paar Formen. Schauferl bekommst lieber keines, sonst gräbst auch noch um. Das braucht weder die Stadt noch die Gewerkschaft.

Nervt dich das so, wie uns?

Dann kannst du: Uns wählen oder selbst mitmachen und was verändern!

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